Mitleid

Mit einer Tüte voll leckerem Essen verließ ich das Haus. Ich war auf einem Besuch bei einem Trauergespräch, um  die Beerdigung des Vaters vorzubereiten.  Wir besprachen das Leben des Verstorbenen, die Liturgie, die Lieder und wer alles kommen wird. Am Ende des Gespräches baten mich die Angehörigen, jede Menge  Essen mitzunehmen. Auf meine verwunderte Frage, woher denn dieses Essen käme, antwortete der Sohn: „Mein Vater hatte viele türkische Freunde. Er hat sie als Unternehmer eingestellt und sich um sie und ihre Familien gekümmert. Und als sie vom Tode meines Vaters hörten, kamen sie mit so viel Essen, wie unsere Familie gar nicht verbrauchen kann. Denn sie sagten: Ihr seid jetzt traurig und könnt gar nicht kochen. Deshalb haben wir Euch dies mitgebracht.“  Daher musste ich also als Mitesser einspringen. Und für den Rest der Woche aß ich türkische Spezialitäten. Sehr gut und bekömmlich.  Im christlichen Kulturbereich gibt es ebenfalls etwas Ähnliches: das gemeinsame Essen nach der Beerdigung. Beide Male handelt es sich um den Versuch, den Angehörigen das  Leben wieder „schmackhaft“ zu machen.

Mich freut das, wenn Menschen auf diese Weise einander beistehen. Das ist Hilfe, konkret und gut verdaulich. Mehr wert als manche Worte. Denn wo Worte versagen, werden Zeichen wichtig.

Mit dem gemeinsamen Essen wird ein Fest des Lebens gefeiert. Und es ist ein tröstliches Zeichen in harten Zeiten.  Aber auch die christliche Botschaft zeugt von der Hoffnung auf das Leben beim gemeinsamen Mahl. Da ist das Abendmahl, die Eucharistie, in welcher sich Jesus selbst als „Brot des Lebens“ schenkt und „Arznei für die Unsterblichkeit“, wie sie in der Alten Kirche genannt wird. Aber auch der Himmel selbst, für den wir für unsere lieben Verstorbene hoffen, wird ebenfalls oft mit einem Mahl verglichen.

Vor der Kommunion sagt der Priester manchmal: „Kostet und seht, wie gütig der Herr ist“.

So wünsche ich Ihnen allen, dass Sie diese Hoffnung erleben. Dass uns über den garstigen Graben des Todes hinaus ein Tisch gedeckt wird, wo wir durch Christus miteinander unsterblich-ewig verbunden sind.

In der Hoffnung auf gewaltigem Hunger nach Leben grüßt Sie                    
Ludwig-F. Mattes  

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